VW-Abgasskandal

Datum 30.01.2018 09:01 | Thema: Verkehrsrecht

Teil 1:

Auszug aus der Geschichte von Volkswagen betreffend Enteignung, Zwangsarbeiter, KZ Arbeitsdorf, Vergeltungswaffe V1, Umweltverschmutzung durch Abschaltvorrichtung bei der Abgasreinigung, Tierversuche, Menschenversuche.


1934 forderte Adolf Hitler den Bau eines Wagens für breite Schichten der Bevölkerung. Er beauftragte die Deutsche Arbeitsfront (DAF) mit dem Bau der größten Automobilfabrik Europas. Also gründete die nationalsozialistischen Organisation „Kraft durch Freude“ 1937 die Gesellschaft zur Vorbereitung des Volkswagens mbH (Gezuvor). Der Aufbau des Volkswagenwerkes wurde vor allem aus 1933 beschlagnahmten Vermögen finanziert.

Warum in Wolfsburg? Das Gebiet um die Wolfsburg war überwiegend land- und forstwirtschaftlich genutzt, nur dünn besiedelt und in günstiger geographischer Lage. Auch der Name passte: „Wolfsburg“ enhält, wie „Wolfsschanze“, eine Anlehnung an den Vornamen Adolf. In manchen Quellen (leider auch Wikipedia) ist zu lesen, von Bedeutung sei auch gewesen, daß fast das gesamte ausgewählte Gelände dem Grafen von der Schulenburg, Schlossherr von Wolfsburg, gehörte. Dadurch sei der Landerwerb bedeutend einfacher gewesen. Tatsächlich wurde Günther Graf von der Schulenburgs Landbesitz um die Wolfsburg enteignet.

Die Familie von der Schulenburg war auch seinerzeit „vielseitig“. Es gab treue Nazis, z. B. Wolf-Werner, NSDAP- und SA-Mitglied, mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Aber auch Widerstandskämpfer, z. B. Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg, 1944 hingerichtet. Bei Friedrich Graf von der Schulenburgs Begräbnis 1939 wiederum war Hitler persönlich anwesend und kondolierte unter anderem dessen Sohn Fritz-Dietlof von der Schulenburg, der seinerseits am 10.08.1944 als Widerstandskämpfer vom menschenverachtenden Richter Roland Freisler gemeinsam mit Graf von Stauffenberg, Kranzfelder, Fellgiebel und Hansen zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Er erklärte nach dem Todesurteil: „Wir haben diese Tat auf uns genommen, um Deutschland vor einem namenlosen Elend zu bewahren. Ich bin mir klar, daß ich daraufhin gehängt werde, bereue meine Tat aber nicht und hoffe, daß sie ein anderer in einem glücklicheren Moment durchführen wird.“

Kann man diese Haltung und die ungeheure Würde, Aufrichtigkeit und Stärke, die in diesen Worten unter den gegebenen Umständen liegen, mit dem heutigen Wutbürger vergleichen, der sich über den VW-Abgasskandal empört, aber angesichts kräftiger Rabatte – nach dem Motto „ja dann, Schwamm drüber“ – sogleich wieder dort einkauft?

Während des Dritten Reichs wurde vor allem durch Ferdinand Porsches Schwiegersohn Anton Piëch (Vater von Ferdinand Piëch) auf die Produktion von Rüstungsgütern, u. a. auch die Vergeltungswaffe V1, umgestellt. Von 1940 bis 1945 mussten dazu etwa 20.000 Menschen im Volkswagen-Werk Zwangsarbeit leisten, darunter Kriegsgefangene und Insassen von Konzentrationslagern. Hierfür wurde 1942 eigens das KZ Arbeitsdorf angelegt.

Ungeheuerlich waren die Berichte nach Offenlegung der (längst erfolgten) Entdeckung eines illegalen Abschaltsystems für die Abgasreinigung. Statt der vom Herstellerangaben über Stickoxidemissionen und andere schädliche Abgase, liegen diese in Wirklichkeit deutlich höher. Die Fahrzeugsoftware erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfsand befindet. Dann nur erfolgt die notwendige Abgasreinigung wirklich. Auf dem Prüfstand emittieren die Dieselfahrzeuge des VW-Konzerns Schadstoffe innerhalb der Grenzwerte. Im Normalbetrieb, also im Alltag, nicht. Man könnte sehr polemisch formulieren, daß VW vielleicht angesichts des Retro-Trends bewußt mehr giftige Gase verbreitet. Dazu passend VWs Beteiligung an Versuchen mit Affen und Menschen, die dem Reizgas Stickstoffoxid (NO2) ausgesetzt wurden (u. a. Spiegel-online v. 29.01.2018). Neben VW sind auch Daimler und BMW, erfahrene Rüstungsfabrikanten beteiligt.

Nicht zu vergessen: Das Land Niedersachsen hat mit seinem Anteil von 20,2 Prozent eine Sperrminorität, also ein Vetorecht in allen wichtigen Entscheidungen. Wille, Verantwortung zu tragen und zur Aufklärung? Scheint zu fehlen. Zitate des VW-Chefs Müller: "Es waren nach heutigem Kenntnisstand nur wenige Mitarbeiter beteiligt. Aber genau werden wir das natürlich erst wissen, wenn in einigen Wochen die Ergebnisse der internen und externen Untersuchung vorliegen" (07.10.2015, FAZ). "Glauben Sie wirklich, dass ein Vorstandsvorsitzender Zeit hat, sich um Details von Motorensoftware zu kümmern?"(03.07.2016, BamS). "In der zweiten Aprilhälfte wird ein Bericht vorliegen. Dann werden wir mehr wissen. Mich interessiert diese Frage auch brennend" (10.03.2016, Spiegel-online). "Inwieweit der Bericht eine Antwort auf jede sich stellende Frage gibt, kann ich derzeit auch nicht sagen."(03.03.2016, Spiegel-online). "Die vom Aufsichtsrat mit der externen Untersuchung beauftragte Anwaltskanzlei Jones Day klärt noch den Sachverhalt auf" (20.11.2016, FAZ). "Einen schriftlichen Abschlussbericht von Jones Day gibt es nicht und wird es auch nicht geben" (Hans Dieter Pötsch, Aufsichtsratsvorsitzender der VW AG, VW-Hauptversammlung im Mai 2017). - Das hat schon einen faden Beigeschmack. Es ist unmöglich, daß in den Abgasskandal nur wenige Mitarbeiter verwickelt waren. Es ist schlicht nicht wahr. Bosch z. B. soll schon 2007 vor den illegalen kommerziellen Einsatzmöglichkeiten der von Bosch für Abgastests gelieferten Komponenten gewarnt haben. Bestenfalls haben alle Entscheidungsträger die Augen vor der Wahrheit verschlossen. Entgegen jeder Pflicht. Auch durch Produkttests oder Bestellungen beim Zulieferer dürfte klar sein, daß der Vorstand es zumindest hätte wissen müssen.





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