Entschädigungsanspruch bei verpasstem Flug

Datum 21.08.2013 20:42 | Thema: Verkehrsrecht

Mit inzwischen rechtskräftigem Urteil hat das OLG Frankfurt/Main am 20.08.2012, 1 U 276/12 einem Fluggast, der aufgrund länger andauernder Sicherheitskontrolle am Flughafen Frankfurt seinen Flug nicht mehr erreichte, eine Entschädigung zugesprochen.


Der klagende Fluggast wollte im Juli 2011 vom Flughafen Frankfurt einen Flug antreten, der um 4:20Uhr starten sollte. Im Sicherheitskontrollbereich wurde er aufgehalten, weil in seinem als Handgepäck mitgeführten Rucksack gefährliche Gegenstände vermutet wurden. Es wurde, wie in diesen Fällen üblich von der Bundespolizei der Entschärfertrupp informiert, der um diese Uhrzeit nur eine Rufbereitschaft unterhält, weshalb es etwa drei Stunden dauerte, bis die erforderlichen Überprüfungsmaßnahmen vor Ort durchgeführt werden konnten. Es stellte sich heraus, dass der Verdacht, im Rucksack des Klägers befänden sich gefährliche Gegenstände, unbegründet war. Tatsächlich führte der Kläger lediglich eine Kamera, zwei Ladegeräte, ein Handy sowie Bekleidung und die später verfallenen Flugtickets im seinem Rucksack mit sich. In der Zwischenzeit war allerdings das Flugzeug, das der Kläger erreichen wollte, gestartet. Der Kläger buchte deshalb für sich und seinen Reisebegleiter Tickets für einen anderen Flug. Die hierfür aufgewandten Kosten in Höhe von 911,98 Euro machte er klageweise gegen die Bundesrepublik Deutschland als Dienstherrin der Bundespolizei geltend.


Das in erster Instanz angerufene Landgericht gab der Klage im Wesentlichen mit der Begründung statt, der Bundesrepublik Deutschland sei ein Organisationsverschulden zur Last zu legen, denn sie hätte dafür Sorge tragen müssen, dass die Überprüfung verdächtigen Gepäcks auch in der Nachtzeit schneller vonstatten geht.


 

Die hiergegen gerichtete Berufung der beklagten Bundesrepublik Deutschland hat das OLG Frankfurt am Main nunmehr zurückgewiesen, allerdings mit einer anderen Begründung als das Landgericht. Nach Auffassung des OLG kann der Kläger von der Beklagten wegen der Kontrollmaßnahmen eine Entschädigung nach aufopferungsrechtlichen Grundsätzen verlangen. Die Annahme, in dem Rucksack befänden sich möglicherweise gefährliche Gegenstände, sei nicht dadurch entstanden, dass der Kläger gefährlich aussehende Gegenstände mit sich führte, sondern durch gewisse Überlagerungen auf dem Röntgenbild des Kontrollgeräts. Der Kläger habe daher die Umstände, die den Verdacht begründeten, ebenso wenig selbst zu verantworten wie die zeitliche Verzögerung, die zum Versäumen des gebuchten Flugs geführt haben. Die Verzögerung beruhe vielmehr allein darauf, dass die Beklagte aus Kostengründen nachts ihren Entschärfungstrupp nur in Rufbereitschaft vorhalte und die herbeigerufenen Beamten deshalb erst nach längerer Anfahrt am Flughafen eintrafen. Der Kläger müsse zwar im Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit solche Kontrollmaßnahmen hinnehmen. Es sei ihm aber nicht zumutbar, den infolge dieser Maßnahmen entstandenen zusätzlichen Nachteil, den Verfall der Flugtickets und den dadurch notwendig gewordenen Erwerb zweier weiterer Tickets zu tragen. Ein solcher Nachteil entsteht anderen Fluggästen bei Sicherheitskontrollen im regulären Tagesbetrieb regelmäßig nicht. Deshalb stellt er entgegen der Auffassung der Beklagten kein allgemeines Lebensrisiko dar, sondern belastet den Kläger insoweit mit einem Sonderopfer, für das er Entschädigung verlangen kann.





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