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Arbeitsrecht : Anspruch der Beschäftigten aus Annahmeverzug, § 615 BGB
17.02.2022 10:05 (917 x gelesen)

Arbeitgeber stellen im Fall einer ordentlichen Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist, im Fall einer außerordentlichen (firistlosen) Kündigung aus wichtigem Grund sofort die Zahlung des Entgelts einstellen. Erweist sich die Kündigung im Kündigungsschutzverfahren als unwirksam, können Arbeitnehmer/innen Anspruch auf das vereinbarte monatliche Entgelt aus Annahmeverzug geltend machen, § 615 BGB.

Der Arbeitgeber hat gegen den Arbeitnehmer, der Vergütung wegen Annahmeverzugs fordert, einen Auskunftsanspruch über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge. Grundlage des Auskunftsbegehrens ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis nach § 242 BGB.



Urteil des BAG vom 27.05.2020, 5 AZR 387/19:

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 2. Juli 2019 – 1 Sa 369/17 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

Die Beklagte fordert vom Kläger im Zusammenhang mit einer Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs widerklagend Auskunft über von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter dem Kläger übermittelte Stellenangebote.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit Juni 1996 als Bauhandwerker beschäftigt. Die Beklagte sprach gegenüber dem Kläger seit dem Jahr 2011 mehrere Kündigungen aus, ua. kündigte sie mit Schreiben vom 30. Januar 2013 das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich. Diese Kündigung wurde vom Kläger, ebenso wie vorangegangene und weitere, erfolgreich mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht fort. Seit Februar 2013 zahlt die Beklagte keine Vergütung an den Kläger.
Der Kläger erhob Klage auf Zahlung von Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit ab Februar 2013 unter Anrechnung bezogenen Arbeitslosengeldes und Arbeitslosengeldes II. Die Beklagte erhob den Einwand, der Kläger habe es böswillig unterlassen, anderweitig Verdienst zu erzielen.
Soweit für die Revision relevant, begehrt die Beklagte vom Kläger mit Widerklage Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter in der Zeit vom 1. Februar 2013 bis zum 30. November 2015 dem Kläger unterbreiteten Stellenangebote Dritter.
Die Beklagte hat zuletzt – soweit für die Revision von Bedeutung – widerklagend beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, der Beklagten schriftlich Auskunft zu erteilen, welche Arbeitsplatzangebote dem Kläger durch die Bundesagentur für Arbeit und das Jobcenter im Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis zum 30. November 2015 unterbreitet wurden unter Nennung der Tätigkeit, der Arbeitszeit und des Arbeitsortes sowie der Vergütung in Euro.

Der Kläger hat Abweisung der Widerklage beantragt. Eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Auskunft sei nicht ersichtlich. Ein etwaiger Anspruch sei vollumfänglich erfüllt.
Das Arbeitsgericht hat der Widerklage im hier relevanten Umfang durch Teilurteil stattgeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Der Beklagten steht ein Auskunftsanspruch gegen den Kläger zu, der die begehrten Informationen umfasst. Erfüllung des Anspruchs ist nicht eingetreten.
I. Die Widerklage auf Auskunft im Zusammenhang mit einer Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 BGB ist zulässig.
1. Der Antrag bedarf der Auslegung.
a) Nach der wohlverstandenen Interessenlage der Beklagten sind mit dem Begriff „Arbeitsplatzangebote“ ersichtlich die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter dem Kläger als nach SGB III und SGB II Leistungsberechtigtem unterbreiteten Stellenangebote Dritter (iF Vermittlungsvorschläge genannt) gemeint.
aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB III erbringen die Agenturen für Arbeit Dienstleistungen, indem sie Arbeitnehmern ua. Vermittlungsangebote zur Arbeitsaufnahme unterbreiten, wobei die Vermittlung in Arbeit nach § 4 Abs. 1 SGB III als vorrangig vor anderen Leistungen bestimmt wird. Hierzu hat die Agentur für Arbeit dem Arbeitsuchenden gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB III Arbeitsvermittlung anzubieten. Diese umfasst nach § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB III alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, ua. Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Somit hat sie durch Vermittlung darauf hinzuwirken, dass Arbeitsuchende eine Arbeitsstelle erhalten (§ 35 Abs. 2 Satz 1 SGB III).
bb) Auch die Jobcenter (vgl. § 6d SGB II) als Träger der Grundsicherung (§ 6 Abs. 1 SGB II) sollen nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB II Leistungen zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit erbringen. Zu ihren Leistungen gehört nach § 16 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Arbeitsvermittlung (vgl. Voelzke in Hauck/Noftz SGB II Stand Mai 2020 § 16 Rn. 10). Dabei richtet sich das Konkurrenzverhältnis zu den Leistungen der Agentur für Arbeit bei der Arbeitsvermittlung nach § 22 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III (im Einzelnen Voelzke in Hauck/Noftz SGB II Stand Mai 2020 § 16 Rn. 27 ff., Rn. 77).
cc) Vom Antrag nicht umfasst sind Stellenangebote Dritter über die Selbstinformationseinrichtungen iSd. § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Die erkennbaren Interessen der Beklagten gebieten es, dass lediglich über solche Informationen Auskunft erteilt werden soll, die von der staatlichen Arbeitsvermittlung dem Kläger persönlich zur Verfügung gestellt werden, nicht jedoch über solche, die für die Allgemeinheit und damit auch für die Beklagte öffentlich zugänglich sind.
b) Soweit die Beklagte vom Kläger eine schriftliche Auskunft verlangt, ist damit eine Auskunft in Textform nach § 126b BGB gemeint. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Auskunft in der strengen Schriftform des § 126 BGB fordert, sind ihren Darlegungen nicht zu entnehmen.
c) Der so verstandene Antrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Für den Kläger ist deutlich erkennbar, welche Auskünfte die Beklagte von ihm fordert.
2. Der Auskunftsanspruch konnte von der Beklagten selbständig – auch im Wege einer Widerklage – gerichtlich geltend gemacht werden. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Bezug auf den Auskunftsanspruch nach § 74c Abs. 2 HGB anerkannt (vgl. BAG 27. Februar 2019 – 10 AZR 340/18 – Rn. 39, BAGE 166, 36; 2. Juni 1987 – 3 AZR 626/85 – zu III der Gründe, BAGE 55, 309) und gilt auch bei dessen entsprechender Anwendung im Rahmen des § 615 Satz 2 BGB und § 11 KSchG (BAG 29. Juli 1993 – 2 AZR 110/93 – zu II 2 a bb der Gründe, BAGE 74, 28). Es ist kein prozessualer Grund ersichtlich, der einer gerichtlichen Verfolgung eines Auskunftsanspruchs wie dem streitgegenständlichen im Wege der Widerklage entgegenstehen könnte.
3. Das Arbeitsgericht konnte zulässigerweise durch Teilurteil über die Widerklage entscheiden.
a) Ein Teilurteil nach § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf – auch im Fall der Widerklage – nur erlassen werden, wenn die Gefahr widersprechender Entscheidungen, auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht, ausgeschlossen ist. Eine solche Gefahr entsteht ua. bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen diesen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht (BGH 11. Mai 2011 – VIII ZR 42/10 – Rn. 14, BGHZ 189, 356). Im Rahmen des § 301 ZPO soll eine unterschiedliche Beurteilung von bloßen Urteilselementen, die nicht in Rechtskraft erwachsen oder das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden, ausgeschlossen sein (BGH 11. Mai 2011 – VIII ZR 42/10 – Rn. 13, aaO). Ein Teilurteil ist daher grundsätzlich unzulässig, wenn es eine Frage entscheidet, die sich im weiteren Verfahren über die anderen Ansprüche noch einmal stellen kann (vgl. BAG 8. September 2011 – 2 AZR 388/10 – Rn. 54; BGH 26. April 2012 – VII ZR 25/11 – Rn. 11).
b) Danach konnte ein Teilurteil über die Widerklage ergehen.
aa) Streitgegenstand der Widerklage ist die von der Beklagten geforderte Auskunft über Vermittlungsvorschläge, basierend auf ihrer Einwendung, der Kläger müsse sich böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienst auf einen Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs anrechnen lassen. Die beiden selbständigen prozessualen Ansprüche – Zahlungsklage des Klägers und Auskunftswiderklage der Beklagten – sind materiell-rechtlich miteinander verzahnt, weil die von der Beklagten verlangte Auskunft Grundlage für die Begründung ihrer gemäß § 11 Nr. 2 KSchG erhoben Einwendungen gegen den vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch ist.
bb) Gleichwohl durfte über den Auskunftsanspruch durch Teilurteil entschieden werden.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Teilurteil auch dann zulässig, wenn im Wege objektiver Klagehäufung in zulässiger Weise (im konkreten Fall zur Vorbereitung eines Schadensersatzbegehrens nach §§ 84, 84a Arzneimittelgesetz – AMG) sowohl ein Auskunftsanspruch als auch ein Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht werden. Der Bundesgerichtshof begründet dies zutreffend damit, dass über das Auskunftsbegehren vorab durch Teilurteil entschieden werden müsse, damit die vom Gesetzgeber mit dem Auskunftsanspruch nach § 84a AMG verfolgten Ziele einer prozessualen Chancengleichheit und der beweisrechtlichen Besserstellung des Geschädigten für seinen auf § 84 AMG gestützten Schadensersatzanspruch erreicht werden können. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch sei lediglich ein Hilfsmittel, um das eigentliche Rechtsschutzziel, das Schadensersatzbegehren, durchzusetzen. Insoweit gölten die gleichen Grundsätze wie bei einer Stufenklage, wenn ein im Wege der Stufenwiderklage erhobener Anspruch einem zuvor durch Klage erhobenen Anspruch gegenüberstehe, der mit den durch die Stufenklage verfolgten Ansprüchen materiell-rechtlich verknüpft sei (BGH 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – Rn. 17 f., BGHZ 189, 79). In einem solchen Fall gelte das Teilurteilsverbot nicht, weil anderenfalls im Ergebnis weder über die Klage noch über die Widerklage entschieden werden könne. Denn einerseits dürfe über den Auskunftsanspruch wegen der Gefahr eines Widerspruchs zu der später zu treffenden Entscheidung über den vom Gegner des Auskunftsanspruchs erhobenen Zahlungsanspruch nicht (isoliert) entschieden werden. Andererseits dürfe auch nicht über die beiden Ansprüche zusammen entschieden werden, weil dann ein Widerspruch zu der im weiteren Verfahren zu treffenden Entscheidung über den auf der letzten Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht auszuschließen sei (BGH 16. Juni 2010 – VIII ZR 62/09 – Rn. 22 ff. mwN). Ein etwaiger Widerspruch zwischen den insoweit ergehenden Entscheidungen sei deshalb ebenso zu akzeptieren wie ein Widerspruch hinsichtlich der auf den verschiedenen Stufen der Stufenklage zu treffenden Entscheidungen (BGH 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – Rn. 18, aaO).
(2) In Fortentwicklung dieser Grundsätze ist auch im vorliegenden Fall ein Teilurteil zulässig.
(a) Der von der Beklagten erhobene Auskunftsanspruch dient der Vorbereitung der in § 11 Nr. 2 KSchG gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Einwendungen gegen die vom Kläger geltend gemachten Annahmeverzugsansprüche. Die von der Beklagten begehrte Auskunft ist nicht der eigentliche Gegenstand des Rechtsstreits, sondern ein Hilfsmittel zur Begründung der Abwehr der Zahlungsklage.
(b) Ein Widerspruch zwischen der Entscheidung über die Auskunftsklage und dem Urteil über die anhängige, auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung gerichtete Leistungsklage ist zwar denkbar. Er lässt sich indessen ausschließen, wenn das durch Teilurteil entscheidende Gericht den bei ihm verbleibenden Teil des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Auskunftsanspruch aussetzt. Die hiernach erforderliche Vorgreiflichkeit der in dem anderen Rechtsstreit (Auskunftsklage) zu treffenden Entscheidung im Sinne einer zumindest teilweise präjudiziellen Bedeutung, dass also die Entscheidung in dem einen Rechtsstreit (Auskunftsklage) die Entscheidung des anderen (Zahlungsklage) rechtlich beeinflussen kann (dazu BGH 28. Februar 2012 – VIII ZB 54/11 – Rn. 6), ist gegeben. Denn in dem noch anhängigen Zahlungsrechtsstreit ist die rechtskräftige Entscheidung über das Bestehen und den Umfang einer Auskunftspflicht über die von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsangebote zugrunde zu legen. Hiervon ausgehend ist in dem noch anhängigen Zahlungsstreit in Bezug auf Arbeitsmöglichkeiten bei Dritten über deren Zumutbarkeit und die Böswilligkeit der unterlassenen Annahme iSv. § 11 Nr. 2 KSchG zu befinden.
(3) Die Erhebung einer Widerklage zur Durchsetzung des Auskunftsbegehrens ist indessen nicht erforderlich. Prozessual naheliegender und dem Beschleunigungsgrundsatz eher entsprechend ist es, die Auskunft in die Verteilung der Darlegungslast zu integrieren. Ausgangspunkt ist dabei, dass der Arbeitgeber für die Einwendungen nach § 615 Satz 2 BGB / § 11 Nr. 1 und Nr. 2 KSchG die Darlegungs- und Beweislast trägt (BAG 6. September 1990 – 2 AZR 165/90 – zu III 3 a der Gründe; 25. Oktober 2007 – 8 AZR 917/06 – Rn. 56; APS/Biebl 5. Aufl. KSchG § 11 Rn. 28; Staudinger/Richardi/Fischinger BGB [2019] § 615 Rn. 179). Den Arbeitnehmer trifft unter Berücksichtigung der aus § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO folgenden Pflicht, sich zu den vom Arbeitgeber behaupteten Tatsachen wahrheitsgemäß und vollständig zu erklären, eine sekundäre Darlegungslast, wenn der primär darlegungsbelastete Arbeitgeber keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem klagenden Arbeitnehmer nähere Angaben dazu ohne Weiteres möglich und zumutbar sind (dazu allgemein BGH 10. Februar 2015 – VI ZR 343/13 – Rn. 11; 3. Juni 2014 – VI ZR 394/13 – Rn. 20 jeweils mwN; MüKoZPO/Fritsche 5. Aufl. § 138 Rn. 22). Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Denn mit der erteilten Auskunft steht keineswegs fest, dass der Arbeitnehmer es böswillig unterlassen hat, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Ob die Stellenangebote Dritter „zumutbare“ Arbeit zum Gegenstand hatten und in dem Verhalten des Arbeitnehmers ein „böswilliges“ Unterlassen gesehen werden kann, hat der Arbeitgeber im Rechtsstreit über die Zahlung der Annahmeverzugsvergütung weiterhin darzulegen und im Streitfall zu beweisen.
II. Die Widerklage ist begründet. Die Beklagte hat Anspruch auf schriftliche Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter dem Kläger unterbreiteten Vermittlungsvorschläge für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis zum 30. November 2015 unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung. Grundlage des Auskunftsbegehrens ist eine Nebenpflicht des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 242 BGB.
1. Grundsätzlich besteht keine nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Pflicht zur Auskunftserteilung für die Parteien des Rechtsstreits. Die Zivilprozessordnung kennt keine – über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende – Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei (vgl. BAG 2. August 2017 – 9 AZB 39/17 – Rn. 6, BAGE 160, 37; 1. Dezember 2004 – 5 AZR 664/03 – zu II 1 a der Gründe, BAGE 113, 55).
2. Von diesem Grundsatz abweichend kann allerdings materiell-rechtlich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Auskunftspflicht bestehen.
a) In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass nach Treu und Glauben Auskunftsansprüche bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den bestehenden Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann, ohne dass durch die Gewährung materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche die Darlegungs- und Beweissituation im Prozess unzulässig verändert werden darf (vgl. BAG 2. August 2017 – 9 AZB 39/17 – Rn. 6, BAGE 160, 37; 1. Dezember 2004 – 5 AZR 664/03 – zu II 1 b und c der Gründe, BAGE 113, 55; BGH 8. Februar 2018 – III ZR 65/17 – Rn. 23 ff.; 6. Mai 2004 – III ZR 248/03 – zu II 5 der Gründe; MüKoBGB/Krüger 8. Aufl. § 260 Rn. 12; Staudinger/Looschelders/Olzen BGB [2019] § 242 Rn. 605).
b) Der Auskunftsanspruch nach § 242 BGB setzt im Einzelnen voraus: (1) das Vorliegen einer besonderen rechtlichen Beziehung, (2) die dem Grunde nach feststehende oder (im vertraglichen Bereich) zumindest wahrscheinliche Existenz eines Leistungsanspruchs des Auskunftsfordernden gegen den Anspruchsgegner, (3) die entschuldbare Ungewissheit des Auskunftsfordernden über Bestehen und Umfang seiner Rechte sowie (4) die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung durch den Anspruchsgegner (Staudinger/Looschelders/Olzen BGB [2019] § 242 Rn. 605). Schließlich dürfen (5) durch die Zuerkennung des Auskunftsanspruchs die allgemeinen Beweisgrundsätze nicht unterlaufen werden (BGH 17. April 2018 – XI ZR 446/16 – Rn. 24). Der so verstandene Auskunftsanspruch dürfte inzwischen als Gewohnheitsrecht anerkannt sein (so etwa BGH 6. Mai 2004 – III ZR 248/03 – zu II 5 der Gründe; Staudinger/Bittner/Kolbe BGB [2019] § 260 Rn. 19; MüKoBGB/Krüger 8. Aufl. § 260 Rn. 12).
aa) Die für den Auskunftsanspruch erforderliche Sonderrechtsbeziehung kann ua. auf einer vertraglichen Beziehung der Beteiligten beruhen (BGH 27. Juli 2000 – III ZR 279/99 – zu 3 der Gründe; MüKoBGB/Krüger 8. Aufl. § 260 Rn. 13) oder auf der Abwicklung einer vertraglichen Beziehung (vgl. BeckOK BGB/Lorenz Stand 1. Mai 2020 BGB § 260 Rn. 10).
bb) Die unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben begründete Auskunftspflicht setzt des Weiteren im Regelfall einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus. Gemeint ist damit, dass derjenige, der Auskunft fordert, durch das Verhalten desjenigen, von dem er Auskunft verlangt, bereits in seinem bestehenden Recht so betroffen sein muss, dass nachteilige Folgen für ihn ohne die Auskunftserteilung eintreten können (BGH 7. Dezember 1988 – IVa ZR 290/87 – zu 1 b aa der Gründe). Soll die begehrte Auskunft einen vertraglichen Anspruch belegen, muss dieser allerdings nicht bereits dem Grunde nach feststehen. Vielmehr genügt der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung (BGH 9. November 2017 – III ZR 610/16 – Rn. 24). Ist ein Vertragspartner zur Begründung von Einwendungen auf die Information durch den anderen angewiesen, genügt eine Wahrscheinlichkeit, dass die Einwendung begründet ist (vgl. dazu MüKoBGB/Krüger 8. Aufl. § 260 Rn. 16).
cc) Der Auskunftsanspruch erfordert zudem, dass der Auskunftsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und sich die notwendigen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise beschaffen kann. Das bedeutet, dass er zunächst alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternehmen muss, die Auskunft auf andere Weise zu erlangen (BGH 8. Februar 2018 – III ZR 65/17 – Rn. 26). Für den Berechtigten darf kein anderer, näher liegender und leichterer Weg zur Beseitigung seines Informationsdefizits bestehen (Staudinger/Bittner/Kolbe BGB [2019] § 260 Rn. 20a). Hiernach liegt ein Verschulden etwa vor, wenn eine zuvor bestehende Informationsmöglichkeit nicht genutzt wurde, obwohl sie sich aufgedrängt hat (BGH 28. November 1989 – VI ZR 63/89 – zu II 1 der Gründe).
dd) Die Auskunftserteilung muss dem Anspruchsgegner zumutbar sein, er muss die Auskunft unschwer erteilen können. Hiervon ist auszugehen, wenn die mit der Vorbereitung und Erteilung der Auskunft verbundenen Belastungen entweder nicht ins Gewicht fallen oder aber, obwohl sie beträchtlich sind, dem Schuldner in Anbetracht der Darlegungs- und Beweisnot des Gläubigers und der Bedeutung zumutbar sind und er hierdurch nicht unbillig belastet wird. Erforderlich ist insoweit eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls (BGH 6. Februar 2007 – X ZR 117/04 – Rn. 18).
ee) Die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess muss berücksichtigt werden. Die Gewährung materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche darf die Darlegungs- und Beweissituation nicht unzulässig verändern (vgl. BAG 1. Dezember 2004 – 5 AZR 664/03 – zu II 1 c der Gründe, BAGE 113, 55).
3. Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger der Beklagten zur Erteilung der begehrten Auskunft verpflichtet.
a) Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis und damit die erforderliche Sonderrechtsbeziehung. Die Beklagte erhebt gegen die vom Kläger geltend gemachten vertraglichen Entgeltansprüche nach unwirksamer Kündigung aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB (ab 1. April 2017 § 611a Abs. 2 BGB) Einwendungen nach § 11 Nr. 2 KSchG, für die sie darlegungs- und beweispflichtig ist (BAG 25. Oktober 2007 – 8 AZR 917/06 – Rn. 56). Die Beklagte ist durch die vom Kläger erhobene Zahlungsklage in ihren vertraglichen Rechten betroffen, weil die Anrechnung anderweitig erzielten oder böswillig unterlassenen Verdienstes ipso iure erfolgt. Die Anrechnung hindert bereits die Entstehung des Annahmeverzugsanspruchs und führt nicht nur zu einer Aufrechnungslage (BAG 2. Oktober 2018 – 5 AZR 376/17 – Rn. 29 mwN, BAGE 163, 326). Die Beklagte ist hiervon ausgehend in einer Lage, in der sie die begehrten Auskünfte benötigt, um die ihr materiell-rechtlich durch § 11 Nr. 2 KSchG eröffnete Einwendung des böswilligen Unterlassens anderweitiger zumutbarer Arbeit in den Prozess einführen und so die Zahlungsansprüche des Klägers abwehren zu können.
b) Die geforderte Wahrscheinlichkeit, dass die Einwendung böswillig unterlassener anderweitiger Arbeit begründet ist, besteht. Der Kläger hatte sich nach der Kündigung bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet. Diese ist nach § 35 Abs. 1 SGB III verpflichtet, Arbeitsvermittlung anzubieten. Entsprechendes gilt für das Jobcenter (vgl. § 6d SGB II), das nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB II Leistungen zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit erbringen soll. Zu seinen Leistungen gehört nach § 16 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Arbeitsvermittlung (vgl. Voelzke in Hauck/Noftz SGB II Stand Mai 2020 § 16 Rn. 10). Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Behörden ihren gesetzlichen Aufgaben nicht nachgekommen sind und es in Bezug auf den Kläger als Bauhandwerker im Streitzeitraum keine Möglichkeit der Arbeitsvermittlung gab.
c) Die Beklagte ist in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang der Vermittlungsangebote im Ungewissen und kann sich die notwendigen Informationen nicht selbst auf zumutbare rechtmäßige Weise beschaffen.
aa) Der Arbeitgeber kann regelmäßig weder darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer überhaupt anderweitigen Verdienst hatte, noch kann er Angaben zur Höhe des anderweitigen Erwerbs machen (§ 11 Nr. 1 KSchG). Der Observation eines Arbeitnehmers durch einen Detektiv sind rechtliche Grenzen gesetzt, denn hierbei handelt es sich um Datenverarbeitung, die nur in den Grenzen des § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässig ist (BAG 29. Juni 2017 – 2 AZR 597/16 – Rn. 23, BAGE 159, 278; 19. Februar 2015 – 8 AZR 1007/13 – Rn. 23 jeweils noch zu § 32 Abs. 1 BDSG aF; Schaub ArbR-HdB/Linck 18. Aufl. § 53 Rn. 24 mwN). Erforderlich ist der konkrete Verdacht einer schweren Pflichtverletzung. Zudem muss die Überwachung einer Überprüfung am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes standhalten. Der Detektiveinsatz muss das praktisch letzte Mittel zur Aufklärung darstellen (Byers NZA 2017, 1086, 1087). Diese Voraussetzungen liegen bei einer weitgehend „ins Blaue“ durchgeführten Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vor.
Zu dem böswilligen Unterlassen anderer zumutbarer Arbeit (§ 11 Nr. 2 KSchG) kann der Arbeitgeber jedenfalls in Bezug auf Vermittlungsangebote der Agentur für Arbeit und des Jobcenters erst recht keine Angaben machen. Im Hinblick auf das durch § 35 SGB I geschützte Sozialgeheimnis hat er keinen Anspruch gegen die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter auf Mitteilung der dem Arbeitnehmer unterbreiteten Vermittlungsvorschläge. Andere legale Informationsmöglichkeiten stehen ihm nicht zur Verfügung. Eine zufällige Kenntnis von Vermittlungsangeboten ist im Gegensatz zu anderweitigem tatsächlichen Verdienst nahezu ausgeschlossen. Auch aus dem Bekanntwerden der Verhängung einer Sperrzeit nach § 159 SGB III kann der Arbeitgeber nicht zuverlässig auf das Vorliegen von Vermittlungsvorschlägen schließen, weil das zu einer solchen Sperrzeit führende versicherungswidrige Verhalten – wie § 159 Abs. 1 Satz 2 SGB III zeigt – ganz unterschiedliche Gründe haben kann. Ohne Auskunftsanspruch läuft damit die gesetzlich vorgesehene Anrechnungsmöglichkeit jedenfalls in Bezug auf anderweitig erzielten Verdienst und Arbeitsmöglichkeiten bei Dritten faktisch leer (vgl. APS/Biebl 5. Aufl. KSchG § 11 Rn. 28; Klein NZA 1998, 1208, 1210; Spirolke NZA 2001, 707, 712; aA offenbar ErfK/Preis 20. Aufl. BGB § 615 Rn. 111; MHdB ArbR/Tillmanns 4. Aufl. § 76 Rn. 70, die in der begehrten Auskunft einen unzulässigen Ausforschungsbeweis sehen).
bb) Hiervon ausgehend war die Beklagte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang der Vermittlungsangebote im Ungewissen. Sie hatte keine andere rechtmäßige Möglichkeit, sich die zur Begründung ihrer Einwendung nach § 11 Nr. 2 KSchG notwendigen Informationen zu beschaffen.
d) Der Kläger kann die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben. Er kennt die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter an ihn übermittelten Vermittlungsvorschläge. Der Auskunftserteilung stehen auch keine schützenswerten Interessen des Klägers entgegen, die dafür sprechen könnten, die Übermittlung von Vermittlungsvorschlägen geheim zu halten, um so der von Gesetzes wegen nach § 615 Satz 2 BGB und § 11 Nr. 2 KSchG eintretenden Anrechnung böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienstes zu entgehen (vgl. zu § 11 Nr. 1 KSchG Klein NZA 1998, 1208, 1210). Der Kläger hat solche Umstände nicht vorgetragen, sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Insbesondere begründet das die Agentur für Arbeit und das Jobcenter gegenüber dem Arbeitgeber nach § 35 SGB I bindende Sozialgeheimnis im Verhältnis des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber kein schützenswertes Interesse des Arbeitnehmers an der Geheimhaltung der ihm übermittelten Vermittlungsvorschläge. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sowohl § 615 Satz 2 BGB als auch § 11 Nr. 2 KSchG eine Anrechnung böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienstes ausdrücklich vorsehen und somit im Gesetz bereits angelegt ist, dass der Arbeitgeber im Annahmeverzugsprozess von anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten Kenntnis erlangen kann.
e) Durch die Gewährung eines Auskunftsanspruchs über Vermittlungsvorschläge der staatlichen Arbeitsvermittlungsstellen wird die Darlegungs- und Beweissituation im Prozess nicht unzulässig verändert. Denn allein durch die Information über Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit und des Jobcenters ist nicht zwangsläufig der Einwand der Böswilligkeit des Unterlassens anderweitiger zumutbarer Arbeit begründet. Dieser Einwand ist auf den nach der Auskunft erfolgenden Vortrag des Arbeitgebers noch zu prüfen. Deshalb wird mit dem Auskunftsanspruch auch nicht der Ausnahmecharakter des § 11 Nr. 2 KSchG infrage gestellt (so aber Hessisches LAG 11. Mai 2018 – 10 Sa 1628/17 – Rn. 60). Vielmehr ist es nach Erteilung der Auskunft noch immer am Arbeitgeber, diese Einwendung so substanziell zu begründen, dass sich der Arbeitnehmer im Wege abgestufter Darlegungs- und Beweislast hierzu einlassen kann.
f) Soweit ein Auskunftsanspruch unter Berufung auf die Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Mai 2000 abgelehnt wird, wonach nicht einmal das Unterlassen der Meldung des Arbeitnehmers beim Arbeitsamt [heute: Agentur für Arbeit] als arbeitssuchend das Merkmal des böswilligen Unterlassens erfülle und den Arbeitnehmer keine Obliegenheit treffe, die Vermittlung der Bundesanstalt für Arbeit in Anspruch zu nehmen (vgl. BAG 16. Mai 2000 – 9 AZR 203/99 – zu II 2 b der Gründe, BAGE 94, 343), hält der nunmehr für Rechtsfragen des Annahmeverzugs zuständige Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest. Sie erging angesichts einer anderen Rechtslage. Der Arbeitnehmer ist nunmehr aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 5 SGB III zur aktiven Mitarbeit bei der Vermeidung oder Beendigung von Arbeitslosigkeit angehalten und daneben verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden, § 38 Abs. 1 SGB III. Dabei handelt es sich zwar zunächst um eine rein sozialversicherungsrechtliche Meldeobliegenheit, mit der vorrangig arbeitsmarktpolitische und sozialversicherungsrechtliche Zwecke verfolgt werden, weshalb an eine verspätete Meldung sozialrechtliche Folgen geknüpft sind, wie zB die Minderung der Anspruchsdauer für den Bezug von Arbeitslosengeld, § 148 Abs. 1 Nr. 3 SGB III. Doch hat die Meldepflicht auch im Rahmen der Anrechnungsvorschriften beim Annahmeverzug Beachtung zu finden, weil dem Arbeitnehmer arbeitsrechtlich das zugemutet werden kann, was ihm das Gesetz ohnehin abverlangt. Zudem können die sozialrechtlichen Handlungspflichten bei Auslegung des Begriffs des böswilligen Unterlassens am Maßstab der gemeinsamen Vertragsbeziehung unter Berücksichtigung der Verkehrssitte nicht außer Acht gelassen werden (vgl. Bayreuther NZA 2003, 1365, 1366).
4. Inhaltlich hat der Kläger Auskunft über die Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit und des Jobcenters unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung zu erteilen.
a) Entgegen der Revision ist der Tenor der Auskunftsverpflichtung unzweifelhaft in dieser Weise zu verstehen (zur Auslegung des Antrags oben Rn. 10 ff.). Zur Klärung des Verständnisses der Begriffe Arbeitsplatzangebot und Vermittlungsvorschlag ist der Gesamtzusammenhang des Streitfalls in den Blick zu nehmen. Das Begehr der Beklagten ist offensichtlich darauf gerichtet, vom Kläger Auskunft über Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit sowie des Jobcenters zu erhalten. Dies korrespondiert mit den Begrifflichkeiten der gesetzlichen Regelungen im Sozialversicherungsrecht. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Hinweispflicht rügt, hat der Senat die Verfahrensrüge geprüft. Sie ist unzulässig, von einer Begründung wird nach § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
b) Die Auskunft ist in Textform iSv. § 126b Satz 1 BGB zu erteilen. Sie hat sich auf die Vermittlungsvorschläge unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung zu erstrecken. Nur wenn der Arbeitgeber von diesen Arbeitsbedingungen der Vermittlungsvorschläge Kenntnis hat, ist er in der Lage, Indizien für die Zumutbarkeit der Arbeit und eine mögliche Böswilligkeit des Unterlassens anderweitigen Erwerbs vorzutragen. Sodann obliegt es im Wege abgestufter Darlegungs- und Beweislast dem Arbeitnehmer, diesen Indizien entgegenzutreten und darzulegen, weshalb es nicht zu einem Vertragsschluss gekommen ist bzw. ein solcher unzumutbar war.
5. Der Kläger hat den Auskunftsanspruch nicht erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Von einer Erfüllung kann bereits deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Kläger neben dem im Verlauf des Verfahrens zugestandenen Vermittlungsvorschlag in Bezug auf die Z GmbH selbst vorgetragen hat, dass es weitere Vermittlungsvorschläge gegeben, hierzu jedoch keine inhaltlich tragfähige Auskunft erteilt hat.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.


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