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Steuerrecht : Keine zeitanteilige AfA (Absetzung für Abnutzung) für Luxushandy?
06.08.2011 16:34 (6850 x gelesen)

Ein Zahnarzt hatte in der Einkommensteuererklärung 2007 eine zeitanteilige AfA für ein handgefertigtes Mobiltelefon der Marke Vertu im Wert von 5.200 € geltend gemacht. Nach dem in der Steuererklärung angegebenem Abschreibungszeitraum von drei Jahren wurden monatlich 144,50 Euro als Betriebsausgaben seiner Zahnarztpraxis dafür angesetzt. Bei einer Außenprüfung/Betriebsprüfung stieß der Posten dem Finanzamt allerdings auf: 5200 Euro für ein Handy wollte es nicht anerkennen.


Das Finanzamt bewertete die Anschaffungskosten des Mobiltelefons als unangemessen und versagte die Anerkennung als Betriebsausgaben soweit diese über einen Anschaffungspreis von 300,00 € hinausgehen. Die Begründung klingt amüsant und treffend: Für den Geschäftserfolg eines Zahnarztes ist ein handgearbeitetes Handy nicht bedeutend. Ein gewöhnliches Handy reiche aus, um die Erreichbarkeit des Zahnarztes an seinen, wie von ihm vorgetragen, 2-3 Bereitschaftswochenenden im Jahr zu gewährleisten.

Der Kläger begründete die Klage damit, daß es ihm wichtig war, ein widerstandsfähiges Handy zu erwerben, das er für ca. 10 Jahre und damit länger als günstigere Modelle nutzen könne. Durch die besseren Funkeigenschaften sei die Erreichbarkeit an den  Bereitschaftswochenenden sicherzustellen gewesen. Die Frage der Angemessenheit stelle sich außerdem nicht im Hinblick auf die Höhe des Anschaffungspreises, sondern nur im Hinblick auf das angeschaffte Wirtschaftsgut als solches. Zudem sei die gesamte Ausstattung der Praxis sehr hochwertig, so dass das Handy nicht als unangemessen herausstechen würde.

Die Klage wurde vom FG Rheinland-Pfalz abgewiesen. Bei Beantwortung der Frage, ob Aufwendungen, die die Lebensführung berühren, nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind, müsse - unter Beachtung der gesetzlichen Regelung des Einkommensteuergesetzes - auf die Anschauung breitester Bevölkerungskreise abgestellt werden und diese Anschauung breitester Bevölkerungskreise sei eine gerichtsbekannte Tatsache. Grundsätzlich ist eine betriebliche Veranlassung der Anschaffung des Handys wegen der zahnärztlichen Bereitschaftsdienste zwar unbestritten. Für die berufliche Tätigkeit des Klägers wäre es allerdings ausreichend, wenn er seine Erreichbarkeit an den 2-3 Bereitschaftswochenenden durch ein gewöhnliches Mobilfunkgerät sicherstellt. Daß sich der Kläger zum Erwerb eines handgefertigten hochwertigen Telefons eines Luxusherstellers mit über die bloße Funktionsfähigkeit als Telefon hinausgehenden Eigenschaften entschieden habe, sei jedenfalls nicht allein durch betriebliche Notwendigkeiten zu erklären. Gründe dafür, dass ein Gerät mit einem besonders guten Empfang notwendig gewesen sei, seien nicht vorgetragen worden. Die Aufwendungen seien auch unangemessen. Sie berührten so stark die Lebensführung des Klägers, daß die betriebliche Veranlassung dabei vollständig zurücktrete. Setze man den Preis für ein Mobiltelefon mit dem Beklagten zum - insoweit unbestrittenen - Preis von 300 Euro an, so ergäbe sich im Verhältnis zum streitgegenständlichen Handy ein betrieblicher Veranlassungsanteil von 5,8 %. Entsprechend der zu § 12 des Einkommensteuergesetzes nach der Rechtsprechung aufgestellten Grenze von 10 % sei dieser betriebliche Veranlassungsanteil derart gering, daß er zu vernachlässigen sei. Eine Prüfung der Angemessenheit im Verhältnis zum Jahresumsatz des Klägers könne daher unterbleiben. Im Hinblick auf die vorgetragene hochwertige Praxisausstattung entfalte das Mobiltelefon keinen Beitrag zur Behandlung, es werde auch nicht im Vorfeld der Behandlung sichtbar. Soweit der Kläger auf eine zehnjährige Nutzungsdauer abstelle, sei darauf hinzuweisen, dass er in seiner Einkommensteuererklärung selbst von einer nur dreijährigen Nutzungsdauer ausgegangen sei, was der Nutzungsdauer normaler Geräte entspreche. Die vom Gericht vertretene Auffassung entspreche auch der Anschauung breitester Bevölkerungskreise. Aus deren Sicht sei es nicht nachvollziehbar, warum ein Zahnarzt ein Luxushandy zur Sicherstellung seiner Erreichbarkeit erwerben müsse, wo er dies auch zu einem wesentlich geringeren Preis erreichen könne.


Fazit:

Anschaffungskosten können dann uneingeschränkt als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer den Gegenstand weitaus überwiegend beruflich verwendet. Daraus folgt, dass es für die Abziehbarkeit von Aufwendungen für beruflich genutzte Gegenstände, die auch privat genutzt werden können, bei der Entscheidung, ob nicht abziehbare Aufwendungen für die Lebenshaltung vorliegen, im Allgemeinen weniger auf den objektiven Charakter des angeschafften Gegenstands ankommt, sondern vielmehr auf die konkrete Funktion des Gegenstands im Einzelfall, also auf den tatsächlichen Verwendungszweck (st. Rspr. BFH). Nicht abziehbar sind demgegenüber Aufwendungen für die (private) Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (§ 12 Nr. 1 S. 1 EStG). Der Große Senat des BFH hat in einer Entscheidung vom 21.09.2009, GrS 1/06 nach Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbot zu einer Aufteilung der Aufwendungen für gemischt veranlaßte Reisekosten ausgeführt: "Ob und inwieweit Aufwendungen für eine Reise in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hängt von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Reise oder verschiedene Teile einer Reise unternimmt. Die Gründe bilden das "auslösende Moment", das den Steuerpflichtigen bewogen hat, die Reisekosten zu tragen." Übertragen auf den Zahnarzt in obigem Fall ist die Abzugsfähigkeit nach den Anschaffungsmotiven beurteilt und eine betriebliche Veranlassung nur in Höhe der Kosten eines "normalen" Handy berücksichtigt. Die vom Finanzamt angegebene Höhe (300,00 €) wurde nicht bestritten. Im Verhältnis zu den geleisteten Anschaffungskosten ist damit die Grenze von 10 % nicht erreicht und der betrieblich veranlaßt Teil bleibt unberücksichtigt. Nach dem Urteil kann eine solche Anschaffung als Betriebsausgabe in voller Höhe des Anschaffungspreises absetzbar sein, wenn die Netzabdeckung im konkreten Einzelfall schlecht und nur durch ein solches Gerät gewährleistet ist. Würde man argumentieren, daß anderenfalls z. B. ein bestimmtes Smartphone angeschafft worden wäre, das wegen seiner vielen "Apps" beruflich eingesetzt werden kann, wäre dies sicher auch dann zu berücksichtigen, wenn der Preis über 300,00 € liegt, man hätte die 10%-Hürde genommen und ein kleiner Teil ist absetzbar.

 

Der Unternehmer scheint sich hier Kritik an seiner unternehmerischen Entscheidung gefallen lassen zu müssen. Tatsächlich bleibt sie ihm aber weiterhin freigestellt. Er muß sich nur die steuerrechtliche Behandlung gefallen lassen, die mancher Zahnbehandlung gleichkommem mag.


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