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Arbeitsrecht : Corona: Wer bezahlt jetzt?
16.03.2020 15:11 (1833 x gelesen)

Ob man Anspruch auf Arbeitsentgelt oder Entgeltfortzahlung hat, ist – wie immer – eine Frage des jeweiligen Einzelfalls



1. Krankheit

Ist man mit dem Virus Infiziert, ist man in der gleichen Situation wie bei jeder anderen Krankheit. Man erhält, sofern das Arbeitsverhältnis bereits seit über vier Wochen besteht, vom Arbeitgeber auf die Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung gemäß § 3 EFZG. Ist man länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt, erhält man anschließend Krankengeld von der gesetzlichen Krankenversicherung für die Dauer von bis zu 78 Wochen. Dauert die Krankheit noch länger, bekommt man Grundsicherung (Hartz IV).

2. Arbeitsverhinderung

Ist man nicht selber erkrankt, muss aber sein/e Kind/er betreuen, weil Schulen und KiTas geschlossen sind, liegt ein klassischer Fall der Arbeitsverhinderung vor:

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt. (§ 616 BGB)

Die Notwendigkeit der Betreuung eigener Kinder ist ein in der Person des jeweiligen Arbeitnehmers bzw. der jeweiligen Arbeitnehmerin liegender Grund. Der Betreuungsbedarf entsteht ohne Verschulden, da wohl niemand für Ausbruch und Verbreitung des Corona-Virus verantwortlich sein dürfte. Das problematischste Merkmal der Anspruchsvoraussetzungen ist der unbestimmte Gesetzesbegriff „für einen nicht erheblichen Zeitraum“. Mit diesem Begriff hat der Gesetzgeber auf sehr kluge Weise die Möglichkeit geschaffen, jeden konkreten Einzelfall zu berücksichtigen. Zahlreiche Aussagen in Medien, auch im öffentlich-rechtlichen Medien sind in diesem Punkt zu pauschal. Es ist nicht richtig, pauschal zu sagen, damit seien nur ein paar Tage gemeint. Auch die Erläuterung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, daß der Anspruch (Zitat) auf wenige, in der Regel zwei bis drei Tage, begrenzt ist (Zitatende), ist nicht richtig. Viele Fälle sind zwar so gelagert. Man beruft sich auf ein Urteil des BAG von 1977, in dem es um folgendes ging: Die Verhinderung (Zitat) dauerte länger als acht Wochen. Im allgemeinen wird der Arbeitgeber nur verpflichtet sein, seinem Arbeitnehmer für wenige Tage den Lohn fortzuzahlen, wenn eine plötzlich auftretende Erkrankung eines nahen Angehörigen ihm keine andere Wahl läßt, als der Arbeit fernzubleiben. Bei lang andauernden Erkrankungen müssen Betreuung und Pflege auf andere Weise gesichert werden. (Zitatende, Unterstreichungen durch den Unterzeichner)

Vorliegend sieht die Sache aber ganz anders aus: Es geht häufig nicht um die notwendige Pflege Angehöriger, Wir befinden uns nicht "im Allgemeinzustand". Es gibt zahlreiche Urteile, die sich mit Zeiten der zu vergütenden Verhinderung für mehr als 10 Tage befassen und Spitzen von mehr als 30 Tagen. Es ist immer eine Frage des Einzelfalls! Diskutabel wäre eine Obergrenze von 6 Wochen, denn dies entspricht der Maximaldauer, in der bei eigener Krankheit Arbeitsentgelt fortzubezahlen ist.

Tatsächlich bedeutet „für einen nicht erheblichen Zeitraum“, dass jede/r Arbeitnehmer/in alles tun muss, die Verhinderung so kurz wie möglich zu halten. Man muss sich z. B. bei Betreuungsbedarf bemühen, eine Ersatzbetreuung zu finden. Nun soll nach dringender Empfehlung der Bundesregierung aber jeder vermeidbare Sozialkontakt unterbleiben. Insbesondere gilt dies für Personen, die bei einer Erkrankung mit dem Corona-Virus COVID-19 besonders gefährdet sind, z. B. ältere Menschen. Diese Möglichkeit kommt also zumindest solange nicht in Betracht, bis nicht eine Übertragung ausgeschlossen werden kann. Dies sollte mit Hausarzt bzw. Kinderarzt geklärt werden.

Solange keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit besteht und das zu betreuende Kind bzw. die zu betreuenden Kinder noch in einer Entwicklungsphase sind, in der man sie nicht alleine lassen kann, liegt ein Fall der Arbeitsverhinderung gemäß § 616 BGB vor. Hiernach muss der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt solange fortbezahlen, bis die Arbeitsverhinderung beendet ist. Auch dann, wenn es drei Wochen dauern sollte!

3. Haken an der Sache

§ 616 BGB ist dispositiv, also kein zwingendes Recht. Er kann arbeits- oder tarifvertraglich ganz ausgeschlossen werden. In diesem Fall ist man zwar verhindert, muss also nicht gemäß Arbeitsvertrag Arbeit leisten, erhält aber auch kein Arbeitsentgelt.

In manchen Arbeits- und Tarifverträgen ist ein Mittelweg gewählt: Für im einzelnen bezeichnete Verhinderungsgründe (z.B. Betreuungsbedarf, Umzug, Hochzeit, Todesfall,...) wird die Weiterbezahlung der Vergütung für einen genau bestimmten Zeitraum gewährt. Darüber hinaus ist man dann zwar weiterhin verhindert, enthält aber kein Arbeitsentgelt mehr.

Schweigt der Arbeitsvertrag und ein anzuwendender Tarifvertrag zu § 616 BGB, ist § 616 BGB mit der oben (2.) beschriebenen Folge anzuwenden.

4. Praxishinweise

Einige Arbeitgeber werden anregen, daß Arbeitnehmer Urlaub nehmen oder sich unbezahlt freistellen lassen auch wenn § 616 BGB nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt ist. Da und solange es sich aber um einen Fall der Arbeitsverhinderung handelt, sollte man sich auf keine Vereinbarung vorschnell einlassen. Soweit man mit Schwierigkeit am Arbeitsplatz rechnet, wäre es direkt günstig, wenn man selber erkrankt und vom Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhält. Die Frage der Arbeitsverhinderung hätte sich dann nämlich erledigt und der/die Betroffene erhält Entgeltfortzahlung wie oben beschrieben. Ist § 616 BGB vertraglich ausgeschlossen, ist man verhindert. Das entspricht einer unbezahlten Freistellung. Man muß auf Rücklagen zurückgreifen. Ohne diese erhält man Grundsicherung.

Nimmt man Urlaub, erhält man zwar Urlaubsentgelt, verbraucht aber seinen Urlaubsanspruch unplanmäßig. Das dürfte vorrangig im Interesse der Arbeitgeber liegen, die die Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter derzeit nicht oder nur eingeschränkt verwerten können. Arbeitnehmer/innen sollten genau prüfen, ob § 616 BGB für sie anwendbar oder vertraglich ausgeschlossen oder eingeschränkt ist. Jede/r Arbeitnehmer/in hat wegen Verhinderung durch Betreuungsbedarf Anspruch auf Freistellung. die Frage ist nur, ob bezahlt oder unbezahlt. Bei Kurzarbeit kann Urlaub wirtschaftlicher sein, da man statt Lohn/Kurzarbeitergeld Urlaubsentgelt in Höhe des Durchschnitts der letzten dreizehn Wochen vor Beginn des Urlaubs erhält.

Grundsätzlich muß niemand, der verhindert ist, seinen Urlaub wegen der Verhinderung verbrauchen. Dies gilt gemäß Rechtsprechung des EuGH nur dann nicht, wenn - bei "Kurzarbeit 0" eine wirksame Betriebsvereinbarung die anteilige Anrechnung von Urlaubsansprüchen auf ausgefallene Arbeitszeit ausdrücklich erlaubt. Auch durch Tarifvertrag könnte eine solche pro-rata-temporis-Regelung wirksam vereinbart sein.

Anders sieht es Ausgleich für Überstunden/Mehrarbeit aus: Schweigt der Arbeitsvertrag oder ein geltender Tarifvertrag zur Frage der Abgeltung, sind Überstunden in Form von Arbeitslohn abzugelten und nur mit Einverständnis des/der Arbeitnehmers/in mit Freizeitausgleich. In der Regel behalten sich Arbeitgeber die Auswahl (Freizeitausgleich oder Vergütung) vertraglich vor. Wenn es nun - wie regelmäßig - keine Vereinbarung gibt, wie der Freizeitausgleich stattfindet, haben Arbeitnehmer/innen keinen Anspruch, Überstunden anzusparen und für bestimmte Zwecke und Zeiten zu verwenden. Der Arbeitgeber darf den Abbau einseitig jederzeit anordnen.

Bei eigener Arbeitsunfähigkeit erhält man Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Aber auch das EFZG hat einen Haken: Entgeltfortzahlung erhält man nur, wenn man arbeiten würde, wäre man gesund (ursächlicher Zusammenhang zwischen Krankheit und der Tatsache, daß man nicht arbeitet). Würde man gesund aber auch nicht arbeiten, weil man wegen der notwendigen Kinderbetreuung verhindert ist, hat man also keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, sondern nur dann, wenn man kein Betreuungsproblem hat. Dann kann das Kind auch ruhig zu Hause bleiben. Im Zweifel kennt der Arbeitgeber nicht die konkrete Betreuungssituation. Vermutlich werden die grenzenlos versprochenen staatlichen Hilfen nur dann auf die Bevölkerung durchschlagen, wenn Arbeitnehmer/innen selber krank sind und 6 Wochen Entgeltfortzahlung erhalten.


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