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Arbeitsrecht : Rückzahlung von Fortbildungskosten
09.09.2022 13:32 (572 x gelesen)

Die Verpflichtung zur Rückzahlung von Fortbildungskosten darf nicht nur an das Ausscheiden aufgrund Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist geknüpft werden.

Die Klausel über eine Rückzahlungsverpflichtung  muss Fälle ausklammern, in denen der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hat.

Sie ist zudem unangemessen benachteiligend i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn sie den Arbeitnehmer zur Rückzahlung verpflichtet, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündigt, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Das BAG hatte folgende Klausel eines Fortbildungsvertrags zu prüfen:

§ 3 Bindungsfrist und Rückzahlungsfrist

(1) Der Arbeitnehmerverpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens 6 Monate fortzusetzen.

(2) Scheidet der Arbeitnehmer aufgrund einer eigenen ordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden oder einer eigenen außerordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung oder aufgrund einer vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung vor Ablauf der in Abs. 1 genannten Bindungsfrist aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die vom Arbeitgeber übernommenen Gesamtkosten an diesen zurückzuzahlen. Die Rückzahlungspflicht gilt auch im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen vom Arbeitnehmer veranlassten Aufhebungsvertrag. Für je einen vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Fortbildung werden 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen.

(3) Ebenso besteht die Rückzahlungspflicht, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung aus in seiner Sphäre liegenden und vonihm zu vertretenden Gründen vorzeitig abbricht.

Auszug aus dem Urteil des BAG vom 01.03.2022, 9 AZR 260/21:

Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen (st.Rspr., vgl. etwa BAG 22.Oktober 2020 -6AZR 566/18-Rn.29; 19.November 2019 -7AZR 582/17-Rn.42; 11.Dezember 2018-9AZR 383/18-Rn.23 mwN, BAGE164, 316).

Einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, sind grundsätzlich zulässig. Sie benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Es ist jedoch nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden. Zahlungsverpflichtungen des Arbeitnehmers, die an eine von diesem ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, können im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen. Da sie geeignet sind, das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG einzuschränken, muss einerseits die Rückzahlungspflicht einem begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entsprechen und andererseits denmöglichen Nachteilen für den Arbeitnehmer ein angemessener Ausgleich gegenüberstehen. Letzteres ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer mit der Ausbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhält. Insgesamt muss die Erstattungspflicht - auch dem Umfang nach - dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein. Ist dies nicht der Fall, verbleibt es dabei, dass Verluste, die eintreten, weil Investitionen in die Aus-und Weiterbildung des Arbeitnehmers nachträglich wertlos werden, grundsätzlich der Arbeitgeber als Betriebsausgaben zu tragen hat(vgl. BAG 11. Dezember 2018 -9AZR 383/18-Rn. 24 mwN, BAGE164, 316).

Ist der Arbeitnehmer ohne sein Verschulden dauerhaft nicht mehr in der Lage, dievertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, ist der arbeitsver-traglich vorgesehene Leistungsaustausch nicht mehr möglich. Damit kann der Arbeitgeber unabhängig von der Kündigung des Arbeitnehmers dessen Qualifikation bis zum Ablauf der Bindungsdauer nicht nutzen (vgl. BAG 18. März 2014 - 9AZR 545/12 - Rn. 17). An dem Fortbestehen eines nicht mehr erfüllbaren und damit „sinnentleerten“ Arbeitsverhältnisses besteht in der Regel kein billigenswertes Interesse (vgl. zur außerordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung mit Auslaufrist BAG 14. Januar 2015 - 7AZR 880/13 - Rn. 46ff.; 20. März 2014 - 2AZR 288/13  - Rn. 40). Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiert, ist dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.

Die durch § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags bewirkte Bindung an das Arbeitsverhältnis benachteiligt die Beklagte auch deshalbunangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die Beschränkung der durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers bei dessen Leistungsunfähigkeit nicht durch den Ausbildungsvorteil ausgeglichen wird (vgl. hierzu BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 23 mwN). Ist es dem Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen ohne sein Verschulden dauerhaft nicht möglich, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, wäre er bei Wirksamkeit des § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags verpflichtet, nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums ohne Gegenleistung des Arbeitgebers am Arbeitsverhältnis festzuhalten, um die Rückzahlungspflicht abzuwenden. Dies gölte unabhängig davon, ob die vertraglichen Regelungen in dieser Situation das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vorsehen (vgl. hierzu BAG 11. Dezember 2018 - 9AZR 383/18 - Rn. 23 ff., BAGE 164, 316). Bei einer dauerhaften Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers ist ein Austausch der Hauptleistungspflichten ausgeschlossen, auch wenn die Parteien deren Suspendierung nicht vereinbart haben. Der Arbeitnehmer wird nach § 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht befreit, wenn ihm die Erbringung der Arbeitsleistung aufgrund dauerhafter Leistungsunfähigkeit unmöglich ist. Der Arbeitgeber ist ausgehend von dem Grundsatz „kein Lohn ohne Arbeit“ 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 BGB)außerhalb des Zeitraums von sechs Wochen 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG) regelmäßig nicht zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung verpflichtet.

Dem Arbeitgeber ist es ohne weiteres möglich, die Fälle von der Rückzahlungspflicht auszunehmen, in denen der Arbeitnehmer sich zur Eigenkündigung entschließt, weil er vor Ablauf der Bindungsdauer wegen unverschuldeter Leistungsunfähigkeit die durch die Fortbildung erworbene oder aufrechterhaltene Qualifikation in dem mit dem Verwender der Klausel bestehenden Arbeitsverhältnis nicht (mehr) nutzen kann.

Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Rückzahlungspflicht trägt der Arbeitgeber die Darlegungs-und Beweislast. Da jedoch der Arbeitgeber in aller Regel keine Kenntnis von den Gründen hat, die den Arbeitnehmer zur Eigenkündigung bewogen haben, gilt eine abgestufte Darlegungslast. Der Arbeitgeber kann sich zunächst auf den Vortrag beschränken, die Eigenkündigung des Arbeitnehmers beruhe nicht auf unverschuldeten personenbedingten Gründen. Sodann obliegt es dem Arbeitnehmer, substantiiert vorzutragen, durch unver-schuldete Gründe in seiner Person, die seine qualifikationsgerechte Beschäftigung bis zum Ablauf der Bindungsdauer ausschließen, zur Eigenkündigung ver-anlasst worden zu sein. Auch diesen Vortrag hat derArbeitgeber konkret zu bestreiten und erforderlichenfalls zu widerlegen. Nur wenn ihmdas nicht gelingt, hat erdie Folgen der Nichterweislichkeit des Fehlens einer im Sinne der Rückzah-lungsklausel gerechtfertigten personenbedingten Kündigung des Arbeitnehmers zu tragen (vgl. zur Fortsetzungserkrankung BAG 26. Oktober 2016 - 5AZR 167/16 - Rn. 51, BAGE 157, 102). Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber im Entscheidungsfall durch personenbedingte Gründe im vorgenannten Sinne zur Eigenkündigung veranlasst wurde. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Fall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßanteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr. BAG 11. Dezember 2018 - 9AZR 383/18 - Rn. 28 mwN, BAGE 164, 316)

Die Unwirksamkeit von § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags führt nach § 306 Abs. 1 BGB zum ersatzlosen Wegfall der Rückzahlungsklausel unter Aufrechterhaltung der Weiterbildungsvereinbarung. Es ist weder eine geltungserhaltende Reduktion vorzunehmen noch liegen die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung vor (vgl. BAG 11. Dezember 2018 - 9 AZR 383/18 - Rn. 31 f., BAGE 164, 316).


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