Allein der Umstand, daß der Arbeitgeber dem abgelehnten Bewerber um einen Ausbildungsplatz Informationen darüber vorenthält, ob überhaupt ein anderer Berwerber eingestellt worden ist, ist kein ausreichendes Indiz für eine mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung i. S. d. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Der Arbeitgeber ist dann - zumindest soweit keine Indizien hinzukommen - nicht einmal verpflichtet, mitzuteilen, ob überhaupt ein anderer Bewerber eingestellt wurde. Daher gibt es erst Recht keinen Anspruch auf Informationen über die Qualifikationen anderer Bewerber oder des eingestellten Bewerbers (Urteil EuGH vom 19.04.2012, C-415/10).
Schon im Urteil „Kelly“ vom 21.07.2011, C-104/10 hatte der EuGH in Zusammenhang mit Berufsausbildungsverhältnissen entschieden, daß ein Bewerber für eine Berufsausbildung, der glaubt, ihm werde der Zugang zu dieser Ausbildung wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verwehrt, grundsätzlich keinen Anspruch auf Offenlegung der im Besitz des Veranstalters dieser Ausbildung befindlichen Informationen über die Qualifikationen der anderen Bewerber für diese Ausbildung hat, um ihn in die Lage zu versetzen, Tatsachen glaubhaft zu machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen.
Mit Urteil des EuGH vom 19.04.2012, C-415/10 wurde nach Vorlagefragen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 20.08.2010 entschieden, daß ein Bewerber um einen Arbeitsplatz, der schlüssig darlegt, dass er die in einer Stellenausschreibung genannten Voraussetzungen erfüllt, und dessen Bewerbung nicht berücksichtigt wurde, keinen Anspruch auf Auskunft darüber hat, ob der Arbeitgeber am Ende des Einstellungsverfahrens einen anderen Bewerber eingestellt hat. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen durch einen Beklagten ein Gesichtspunkt sein kann, der im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, heranzuziehen ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist (Rn. 46 f. der Entscheidung).
Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43, Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 und Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54 sehen im Wesentlichen vor, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrem nationalen Gerichtswesen die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass immer dann, wenn Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für verletzt halten und bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Arbeitgeber obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung dieses Grundsatzes vorgelegen hat (Beweislastumkehr). Es obliegt dem einzelstaatlichen Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle, die Tatsachen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten zu bewerten.
Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass eine Verweigerung von Informationen durch den Arbeitgeber im Rahmen des Nachweises solcher Tatsachen die Verwirklichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels beeinträchtigen und der gesetzlichen Bestimmung (für Deutschland: AGG) ihre praktische Wirksamkeit nehmen kann. Als alleiniges Indiz ist die schlichte Verweigerung von solchen Informationen aber nicht ausreichend.