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Verkehrsrecht : Griechenlands "Schulden"
19.06.2015 04:04 (4592 x gelesen)

Die EU: alte Ideale als Lehre aus vielen Kriegen und Völkerschlachten oder Neuinszenierung des alten Spiels, die Bedürftigen an den (Zins-)Tropf der Wohlhabenden zu hängen? Grexit, das künftige Unwort oder (Teil-)Schuldenschnitt? Es geht nur um Geld während weltweit über 50 Millionen Menschen in Not auf der Flucht sind, die allergrößtenteils in angrenzenden und ohnehin schon armen Ländern Zuflucht finden.

Griechenland ist mit der Menge an Flüchtlingen auf dem Festland und den vorgelagerten Inseln deutlich überfordert. Touristen werden davon abgeschreckt und bleiben aus. Gemeinsam mit der Zins- und Schuldenlast schon eine kaum aus eigenen Kräften aufzuhaltende Abwärtsspirale.

Griechenland hat aber erhebliches Verhandlungspotential, schließlich bildet es eine gut zu schützende und wichtige EU-Außengrenze!

Spiegel-Online vom 15.06.2015, Janko Tietz:

Am 31. August 1990 unterzeichnete Wolfgang Schäuble ein Papier, von dem er wusste, dass es die Bundesrepublik Deutschland ein paar Hundert Milliarden kosten würde.Er schloss einen Vertrag mit einem Land, das dieselbe Währung hatte wie die Bundesrepublik, obwohl alle ökonomischen Parameter dagegen sprachen, diese Währung dort einzuführen. Das Land war zuvor über Jahrzehnte von einer korrupten Dilettantenregierung geführt worden, hatte einen aufgeblähten Sozialapparat, war alles andere als wettbewerbsfähig. Es war bankrott.

Trotzdem unterschrieb Schäuble. Danach gab es eine Feier. Das Land hieß DDR, der Vertrag hieß Einigungsvertrag, und im ganzen Land gab es kaum Zweifel, dass dieser Akt dem kollektiven politischen Willen entsprach. Er war sogar in der Präambel des Grundgesetzes vorgesehen: die "Einheit und Freiheit Deutschlands" sei "zu vollenden."

Wolfgang Schäuble betrieb mit Verve die Einigung Deutschlands. Mit der gleichen Verve betreibt er 25 Jahre später die Spaltung Europas.

Im Vertrag von Maastricht heißt es, man sei "eingedenk der historischen Bedeutung der Überwindung der Teilung des europäischen Kontinents entschlossen, den (...) Prozess der europäischen Integration auf eine neue Stufe zu heben". Es gelte der Wunsch, "die Solidarität zwischen ihren Völkern unter Achtung ihrer Geschichte, ihrer Kultur und ihrer Traditionen zu stärken." Diesen Vertrag bricht Schäuble gerade.

Griechenland muss liefern? Ja was denn?

Die DDR von damals ist das Griechenland von heute (Anmerkung: Der Vergleich hinkt etwas, denn einige "West-Unternehmen" haben das System der DDR genutzt, um billig produzieren zu lassen). Das Land ist wirtschaftlich am Ende. Doch statt alles daran zu setzen, unter "Solidarität zwischen ihren Völkern" die Vereinigung Europas zu forcieren, bereitet Schäubles Ministerium Pläne für den Grexit vor und stachelt andere EU-Partner an, das Gleiche zu tun. Der deutsche Finanzminister gefällt sich in der Rolle des Prinzipienreiters und Zuchtmeisters. Seine Botschaft: Griechenland muss liefern.

Ja was denn? Griechenland kann nicht liefern. Wenn Schäuble bei der Wiedervereinigung dieselben Maßstäbe angelegt hätte und von einem auf ganzer Linie insolventen Land Wirtschaftswachstum, Schuldenabbau und Reformen als Voraussetzung für den Einigungsvertrag verlangt hätte, wären wir heute noch nicht wiedervereint.

Was damals bei der deutschen Einheit ging (Kosten bislang knapp zwei Billionen Euro), soll heute bei der europäischen Einheit nicht gehen (Kosten ein Bruchteil davon, noch dazu getragen von der gesamten EU, nicht nur von Deutschland), weil Schrebergärtner Schäuble als größter Parzelleninhaber bestimmen will, dass der Rasen der kleineren Gärten genauso akkurat geschnitten ist wie sein eigener. Die EU ist aber keine Schrebergartenkolonie. Und Griechenland muss nicht gezüchtigt werden.

Ja, Griechenland hat sich selbst in diese Lage gebracht. Ja, die Steuerzahler der anderen EU-Staaten müssten zahlen, um Griechenland aus dem Schlamassel zu helfen. Aber diese Länder können es sich leisten. Bayern, Hessen und selbst Schleswig-Holstein haben auch jahrelang für Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg gezahlt. Und nur provinzielle Kleingeister sehen dieses Geld nicht gut angelegt.

Dass Schäuble sich so ziert, hängt ganz offensichtlich mit der wachsenden Antipathie für die politischen Akteure der griechischen Regierung zusammen. Doch DDR-Staatssekretär Günther Krause, mit dem Schäuble den Einigungsvertrag unterschrieb, war auch von zweifelhafter Gestalt und versank danach wieder in der politischen Versenkung. Das darf kein Kriterium sein.

Es wäre schön, wenn Schäuble sich auf die Zeit vor 25 Jahren besinnen würde. Wenn nicht, wäre es besser, Angela Merkel würde ihn tatsächlich - wie kolportiert - von den Verhandlungen abziehen. Damit erwiese sie sich als das, was man ihr bislang immer absprach: als große, visionäre Europäerin.

Zitatende

Armes reiches Europa


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