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Verkehrsrecht : (kein?) Anspruch auf tabakrauchfreien Arbeitsplatz, BAG v. 10.05.2016
11.05.2016 11:58 (3975 x gelesen)

Da Passivrauchen die Gesundheit gefährdet hat der Arbeitgeber gemäß § 5 I ArbStättV u. a. geeignete Maßnahmen zu treffen, die die nicht rauchenden Beschäftigten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch schützen. Handelt es sich um einen Arbeitsplatz mit Publikumsverkehr, hat der Arbeitgeber nach § 5 II ArbStättV nur insoweit Schutzmaßnahmen zu treffen, als es die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung zulassen. Auch Ausnahmeregelungen in landesrechtlichen Nichtraucherschutzgesetzen höhlen den Nichtraucherschutz teilweise aus.

Bundesarbeitsgericht vom 10.05.2016, 9 AZR 347/15:

Die Beklagte betreibt in Hessen ein Spielcasino und beschäftigt ca. 120 Croupiers. Der 1963 geborene Kläger ist dort seit 1993 beschäftigt. Zuletzt wird er als Croupier eingesetzt. Bis zum Jahr 2008 galten in diesem Casino keine Einschränkungen für Raucher: Es durfte überall geraucht werden. Seit 2008 gibt es zwei getrennte Räume mit Spieltischen. In dem kleineren Raum ist das Rauchen gestattet (Raucherraum), im größeren Raum hingegen nicht (Nichtraucherraum). Der Raucherraum ist mit einer Klimaanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet.

Der Kläger hat im Durchschnitt wöchentlich zwei Dienste (jeweils sechs bis zehn Stunden) in dem abgetrennten Raucherraum zu leisten. Durch kurzfristig erforderliche Vertretungen kann es auch zu einem erhöhten Einsatz im Raucherraum kommen. Croupiers, die ein ärztliches Gutachten vorlegen, aus dem sich gesundheitliche Beeinträchtigung durch das Arbeiten im Raucherbereich ergeben, setzt die Beklagte dort nicht mehr ein. Ein solches Attest hat der Kläger nicht vorgelegt. Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm einen ausschließlich tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Er stützt seinen Anspruch insb. auf die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers i. V. m. § 618 BGB und § 5 ArbStättV sowie die Gewerbeordnung.

Auszug aus § 618 BGB, Pflicht zu Schutzmaßnahmen:

(1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.

(3) Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatz die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 entsprechende Anwendung.

§ 5 ArbStättV:

(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.

(2) In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Zwar besteht nach § 5 I ArbStättV grundsätzlich Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz. Vorliegend kann sich die Beklagte aber auf eine Ausnahmeregelung in § 2 HessNRSG berufen. Nach § 2 V Nr. 5 HessNRSG gilt das Rauchverbot nicht in Spielbanken im Sinne des Hessischen Spielbankengesetzes.

Der Arbeitgeber muß in vorliegendem Fall deshalb Schutzmaßnahmen nur insoweit treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung es zulassen. § 5 II ArbStättV verpflichtet allerdings, die Gesundheitsgefährdung zu minimieren. Diese Verpflichtung hat der beklagte Arbeitgeber mit der baulichen Trennung des Raucherraums, einer Be- und Entlüftungsanlage sowie der zeitlichen Begrenzung der Tätigkeit des Klägers und der anderen Croupiers im Raucherraum erfüllt.

Vgl. LNRSchG Baden-Württemberg:

In Baden-Württemberg gibt es eine solche Ausnahme für Spielbanken nicht. § 7 LNRSchG Baden-Württemberg nimmt nur Bier-, Wein- und Festzelte sowie die Außengastronomie und die im Reisegewerbe betriebenen Gaststätten vom Rauchverbot aus. In Gaststätten (Definition: Betriebe, die Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreichen, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personen zugänglich ist und den Vorschriften des Gaststättengesetzes in der Fassung vom 20. November 1998 (BGBl. I S. 3419) unterliegt) können nach Maßgabe des § 7 LNRSchG Raucherräume eingerichtet werden, wie es im vorstehenden Fall auch das Casino getan hat.


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